Das Haus der kalten Herzen by Singleton Sarah

Das Haus der kalten Herzen by Singleton Sarah

Autor:Singleton, Sarah [Sarah, Singleton]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-14T05:00:00+00:00


Sechs

Die Mäuse huschten lärmend durchs Gebälk. Mercy träumte. Sie stand in einem Raum voller ausgestopfter Tiere, in dem Claudius an einem Schreibtisch Papiere studierte. Die Menagerie ausgestopfter Tiere, Füchse, Eichhörnchen und ein Dachs, wollte nicht still sitzen. Die Tiere versuchten zu fliehen, aber ihre Füße waren festgenagelt. Sie hörte ein Knurren und ein Blöken. Im Traum blickte Claudius von der Seite auf, die er so eingehend betrachtete, und sagte: »Keine Sorge. Ich kann euch befreien.« Er blinzelte und lächelte, aber Mercy hatte Angst, weil die Tiere um sie herum panisch wurden und sich in Stücke rissen.

»Mercy«, sagte Claudius in ihrem Traum. »Mercy, wach auf.«

Mercy schlug die Augen auf.

»Mercy. Bist du da drinnen? Kannst du dich bewegen?« Es wurde an der Tür gerüttelt.

»Charity?«, fragte Mercy. Mit steifen Gliedern kletterte sie vom Bett. Sie fror ganz fürchterlich. Ihre Finger waren taub. Sie humpelte zur Tür.

»Charity, bist du das?«

»Ja!«, sagte Charity.

»Ich glaube, Galatea hat den Schlüssel in ihrer Tasche. Du könntest ihn stehlen und mich rauslassen. Du kannst sie um den Finger wickeln. Sie ist vernarrt in dich.«

»Sie vertraut mir nicht mehr«, sagte Charity.

»Warum nicht?«

»Weil ich dein Buch genommen habe.« Sie senkte die Stimme. »Ich habe gehört, dass sie dich davongeschleift hat, du hast geschrien, und deshalb hab ich mich in dein Zimmer geschlichen, das Buch genommen und es versteckt. Galatea war wütend, weil das Buch weg war, als sie zurückkam. Sie hat mir angedroht, mich auszupeitschen, wenn ich nicht sage, wo es ist. Ich hab geschworen, dass ich es nicht genommen habe. Sie hat mich zu Vater gebracht und der hat die ganze Vorstellung noch einmal durchgespielt. Ich glaube nicht, dass sie mir geglaubt haben, aber irgendwie sind sie sich nicht sicher.« Charity holte Luft. »Mercy, ich kann nicht bleiben«, sagte sie. »Sie werden sich fragen, wo ich bin. Aber, keine Sorge, ich überlege mir, wie ich dich hier raushole.«

»Charity, warte! Charity! Mir ist so kalt«, rief Mercy. Sie konnte ihre Schwester die Stufen hinunterhüpfen hören, und wieder war sie gefangen, ganz allein, in dem schäbigen kleinen Zimmer.

Sie rieb sich die Arme. Man würde sie nicht verhungern lassen. Vermutlich würde Galatea bald mit Essen kommen. Trajan gestattete der Gouvernante doch sicherlich nicht, sie für längere Zeit in dem eisigen Raum einzusperren? Mercy setzte sich aufs Bett und starrte für ein paar leere Augenblicke vor sich hin, dann fing sie an, die Kisten und Kästen zu untersuchen, die überall im Zimmer aufgestapelt waren. Vielleicht fand sie darin ja eine Decke oder Kleidungsstücke, mit denen sie sich warm halten konnte.

Sie wühlte in der ersten Kiste, stieß aber nur auf einen Stapel Haushaltsbücher. Zum Lesen war es zwar zu dunkel, aber sie konnte erkennen, dass die schweren Bände Zahlenkolonnen enthielten. In anderen Kisten fand sie rostiges Besteck und Werkzeug. Eine, die auf dem anderen Bett stand, war mit schweren Stoffbahnen vollgestopft. Mercy hievte das muffig riechende Zeug aus der Kiste. Alte Vorhänge. Die würden helfen, sie zu wärmen, auch wenn sie nach Maus rochen.

Sie schlief wieder, ziemlich unruhig. Als sie aufwachte, wurde der Schlüssel im Schloss gedreht.



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